Ebbinghaus - mach was draus!
Effizient Wissen im Gedächtnis verankern
Vor knapp 110 Jahren ist ein Mensch gestorben, von dessen Vermächtnis wir, wie ich finde, heute viel zu wenig profitieren: Hermann Ebbinghaus.
Der Pionier der systematischen Erforschung des Gedächtnisses veröffentlichte damals bahnbrechende Erkenntnisse zum Erinnern und Vergessen. Er beschrieb die Vergessenskurve, die in Kurzform besagt, dass die Erinnerung an Gelerntes und dann nicht mehr Wiederholtes mit fortlaufender Zeit immer schlechter wird. Das ahnen oder wissen wir ja aus Erfahrung.
Das Bahnbrechende ist, dass man aufgrund der Experimente von Ebbinghaus zeitlich abschätzen kann, wann man etwas vergisst und die Entdeckung, dass die ‚Vergessensperiode‘ länger wird, je häufiger man das Gedächtnis aktiv durch Abrufen der eigenen Erinnerung auffrischt. Dadurch ist es möglich, das Gedächtnis gezielt an den ‚Grenzen des Vergessens‘ aufzufrischen.
Ein Beispiel: Man liest in einem Fachbuch einen Abschnitt über die Konfiguration einer HSRP-Gruppe auf Routern von Cisco. Nach zehn Minuten kann man sich noch mit 90% Wahrscheinlichkeit an die nötigen Befehle und ihre Syntax erinnern, nach einem Tag noch mit 30% und nach zwei Tagen noch mit 5% Wahrscheinlichkeit (die Wahrscheinlichkeitswerte habe ich mir ausgedacht, es geht um das Prinzip).
Wenn man sich nun zehn Minuten nach dem ersten Lesen aktiv an die Optionen des standby-Kommandos erinnert, wird die Vergessenskurve unterbrochen und beginnt mit geringerer Steilheit von neuem. Nun reicht es vielleicht, sich nach einem Tag aktiv daran zu erinnern, bevor die Erinnerungswahrscheinlichkeit auf unter 90% abfällt. Nachdem man sich nach einem Tag erneut aktiv an den Gedächtnisinhalt erinnert hat, reichen nun vielleicht fünf Tage aus, bis man sich das nächste mal aktiv erinnern muss.
Aktiv erinnern bedeutet hierbei, dass man nicht den betreffenden Abschnitt noch einmal liest, sondern versucht, sich daran zu erinnern und danach zur Überprüfung den Abchnitt noch einmal liest.
Diese Technik, Gedächtnisinhalte in immer größeren Zeitabständen zu wiederholen, wird auch als Spaced Repetition bezeichnet. Im Vergleich zur Wiederholung in immer gleichen Abständen ist der Zeitaufwand auf lange Sicht viel geringer und das Wissen bleibt, im Gegensatz zum ‚Bulimie-Lernen‘ vor Prüfungen, auch dauerhaft präsent – sofern man die Praxis der Spaced Repetition konsequent anwendet.
Wichtig ist, dass es hierbei um das Erinnern geht, nicht um das Lernen oder Verstehen!
Mehr über die Spaced Repetition kann man hier nachlesen.
Ich habe das Spaced Repetition-Lernen mit gutem Erfolg für die Vorbereitung auf meine CCNA-Zertifizierung eingesetzt und habe dafür die Spaced Repetition Software (SRS) Anki verwendet. In einem separaten Artikel beschreibe ich, wie ich das gemacht habe.